Eine Bombe und ein Berg
Tag 70-74: Nun bin ich also in Hiroshima angekommen. Die Stadt, die in die Menschheitsgeschichte eingegangen ist als eine Stadt in der eine der fürchterlichsten Menschheitsereignisse stattgefunden hat. Natürlich war mein Plan am ersten Tag in Hiroshima zum Peace Park zu gehen um dort die Gedenkstätten besichtigen zu können.
Zwischen dem Bahnhof und dem Peace Park lag dann noch das Hiroshima Castle, das ich mir nicht entgehen lassen wollte. Deswegen habe ich dort kurz Halt gemacht und habe das Schloss besichtigt. Als ich drinnen zwischen verschiedenen Schwertern und Samurai Rüstungen durchgelaufen bin habe ich schließlich die Schweizerin Marjolaine kennengelernt.
Marjolaine wollte ebenfalls zum Peace Park gehen weswegen wir beschlossen haben den Tag gemeinsam zu verbringen und die Stadt gemeinsam zu erkunden. Bevor wir aber dann das Gelände des Schlosses verlassen haben hat meine Schweizer Freundin noch erzählt dass es hier eine Samurai Vorführung geben soll. Natürlich könnte ich mir keine Samurai Show entgehen lassen und wir sind dort eine ganze Weile geblieben, wobei schließlich der Regen eingesetzt hatte.
Nunja, eine wirkliche Samurai Show war es dann doch nicht, aber dennoch sehr unterhaltsam zu sehen mit wie viel hingabe die Japaner ihre Manga-Kultur pflegen (nicht dass ich das nicht schon in Tokyo feststellen durfte).
Kein Ort für blöde Witze
Anschließend ging es weiter zum Peace Park von Hiroshima. Mir war vorher schon durchaus bewusst, dass es ein sehr trauriger Ort sein wird, jedoch habe ich nicht damit gerechnet, dass es SO traurig sein wird. Wir sind als erstes am Atomic Dome vorbei gekommen und haben die Überreste des einzigen Gebäudes, das von der nuklearen Explosion übrig geblieben ist, sehen können.
Das Gebäude war aus dem Grund das einzige das stehen geblieben ist, da die Bombe genau über diesem Gebäude explodiert ist (in einer Höhe von etwa 600 Meter). Dadurch hat die Schockwelle direkt von Oben auf das Mauerwerk eingewirkt was statisch natürlich für das Gebäude besser ist. Jedoch war innerhalb eines Wimpernschlags die Temperatur im Gebäude auf 3000°C angestiegen sodass jeder im Inneren sich sofort in Asche aufgelöst hat.
Anschließend ging es weiter zum Children’s Peace Monument: Nach der Explosion der Bombe hat ein kleines Mädchen überlebt. Jedoch ist sie nach einiger Zeit aufgrund der starken radioaktiven Verseuchung an Leukämie erkrankt. Sie wollte bis zu ihrem Tod 1000 Origami (Papierkraniche) falten. Leider ist sie nach bereits 600 gefalteten Vögeln verstorben. Deswegen gibt es hier diese Gedenkstätte zu der Kinder jedes Jahr viele Papiervögel bringen, die im Inneren Wünsche enthalten.
Vorbei an der Infinite Flame ging es dann in die Richtung des Hiroshima Peace Memorial Museum. Die Infinite Flame ist ein Feuer, das ursprünglich von der Atombombe entzündet worden sein soll und bis heute brennt. Ob diese Geschichte stimmt oder nicht weiß ich leider nicht, da ich keine belegten Aussagen dafür gefunden habe.
Wir haben dann recht lange im Peace Memorial Museum verbracht und ich war durchgehend erschüttert. Ich musste mich sehr stark zusammenreisen dass ich nicht mitten im Museum das Weinen anfange. Hier werden einzelne Kinder herausgenommen und deren Geschichte erzählt. Eine Trinkflasche, die einem Jungen gehört hat der die Explosion überlebte, jedoch so schwer verbrannt war, dass seine Eltern ihn nur an der Flasche erkennen konnten. Es gab auch eine nachgestellte Szene aus Puppen, die zeigte wie die Menschen nach der Explosion teilweise ausgeschaut hatten. Einfach fürchterlich!
Mir ist durchaus bewusst, dass ich hier schreibe wie schlimm es war, aber niemand es nachvollziehen kann der es nicht selbst mit eigenen Augen gesehen hat. Deswegen muss ich es einfach dabei belassen, dass dieses Museum einen sehr bleibenden Eindruck auf mich hinterlassen hat. Ich habe auch kein einziges Foto im Museum gemacht (obwohl es erlaubt war). Nachdem Marjolaine und ich dann aus dem Museum gekommen sind, sind wir noch bei der Peace Bell vorbei gekommen und haben dann Okonomiaki gegessen, da es hier in Hiroshima eine besondere Art der Zubereitung geben soll.
Nachdem wir mit dem Essen unsere Stimmung wieder einigermaßen aufgeheitert hatten haben Marjolaine und ich uns dann auch schon für den Tag wieder verabschiedet. Es war inzwischen schon spät und ich wollte zurück in mein Hostel.
Die Inseln Japans sind die Tränen der Götter
Mein Hostel war direkt neben dem Fährterminal zur Insel Miyajima. Für den nächsten Tag hatte ich geplant mit der Fähre auf die Insel zu fahren. Die Insel von Miyajima ist unter anderem für das Schreintor in der Mitte der Bucht, ihre Schreine und Tempel aber auch für die Nara ähnliche Population an Rehen bekannt (über Nara und dessen Rehe schreibe ich in meinem nächsten Blogeintrag).
Auf der Insel befindet sich ein Berg auf dessen Gipfel ein Tempel sein soll, den man zum Beispiel mit der Seilbahn erreichen kann oder aber zu Fuß. Nachdem ich mich fast jeden Tag in Japan müde und erschöpft gefühlt habe, wollte ich unbedingt den Gipfel zu Fuß bestreiten um mal wieder meinen Kreislauf in die Höhe treiben zu können. Insgesamt bin ich – seit ich mich von Sylvie in Las Vegas verabschiedet habe – sehr faul geworden und das muss hier und heute geändert werden.
Also habe ich den Berg auf eigene Faust und ganz alleine bestiegen. Damit war ich in der Lage mein Tempo zu laufen und bin absichtlich schneller als gewöhnlich gelaufen. Während ich durch die Natur gespurtet bin kam mir immer wieder in den Kopf wie schön die Gegend hier ist. Diese „Wildniss“ schaut aus als wäre sie ein gigangisch großer japanischer Garten. Neben diesen gedanklichen Ergüssen hatte ich auch körperliche „Ergüsse“: Ich habe endlich mal wieder richtig geschwitzt! Man tat das gut!
Nachdem ich den Tempel am Gipfel des Berges erreicht habe hat ein kleiner Wegweiser zu einem kleinen Pfad gezeigt. Anschienend gibt es also noch etwas weiter oben. Ich bin dann die paar Stufen noch weiter hoch gelaufen während mir viele Touristen entgegen gekommen sind. Offensichtlich ging die letzte Seilbahnfahrt für diesen Tag. Mir war es egal, ich wollte ja ohnehin laufen. Und dann ist es passiert: Ich war ganz oben und vollkommen alleine!
Oben angekommen war ich völlig beeindruckt von der Aussicht. Ich habe für meine Freunde daheim noch ein Video gemacht und bin dann schließlich bei langsam dunkel werdenden Verhältnissen langsam wieder herunter gestiegen. Ich habe den Abstieg richtig genossen und habe mir viel Zeit gelassen. Nach einiger Zeit habe ich den ersten Tempel im Tal erreicht und wusste dass ich langsam wieder zurück in die Zivilisation komme.
Am Ufer der Insel habe ich mich dann mit Neumel noch etwas hingesetzt und die nächtliche Stimmung genossen bevor es für mich mit einer der letzten Fähren zurück ans Festland ging. Das war ein sehr guter Tag!
Nochmal zurück auf die Insel und eine seeeeeehr lange Nacht
Am nächsten Tag habe ich mich mit Marjolaine, die ich zwei Tage vorher in Hiroshima kennengelernt habe, wieder auf der Insel verabredet um den „schwimmenden Schrein“ (übrigens ist das der Name den ich dem Schrein gebe, kein offizieller Name) etwas näher zu erkunden. Sie hatte noch zwei Freunde aus ihrem Hostel dabei und wir sind zu viert über das Gelände des Schreins gewandert. Natürlich konnte ich es mir nicht nehmen lassen und habe vor der Gebetsstelle des Schreins ein kurzes Gebet eingelegt. Schaden kann es jendenfalls nicht.
Nachdem wir den Schrein genügend besichtigt hatten haben wir uns an einem kleinen Stand am Ufer ein Bier gekauft und saßen anschließend für sehr lange Zeit schweigend am Wasser. Es hat sich eine Ruhe in uns allem Breit gemacht und wir haben den Moment genossen. Wir mussten nirgendwo hin, wir hatten nichts vor, wir waren einfach nur hier. Nach einiger Zeit ist dann auch die Sonne untergegangen und wir konnten den Sonnenuntergang direkt dort beobachten.
Irgendwann haben wir uns voneinander verabschiedet und ich bin zurück in mein Hostel gegangen. Nachdem es mir hier so gut gefallen hat, habe ich meinen Plan aufgegeben am nächsten Tag weiterzuziehen und habe dort meinen Aufenthalt verlängert. Die Stimmung im Hostel, die Gäste und auch die Mädls, die das Hostel geleitet haben haben mir ein sehr gutes Gefühl gegeben und ich habe mich gefragt „Warum sollte ich denn für die letzten zwei Tage meines gültigen Railway Passes weiterziehen, wenn ich auch hier bleiben könnte?“. Gesagt – getan!
Anschließend ging es dann darum mit den Gästen im Hostel den letzten Tag eines Langzeit-Gastes zu feiern. Der Abend hat sich in die Länge gezogen und schließlich – nachdem schon einige ins Bett gegangen sind – saßen wir da: 7 Männer, 7 Nationen, 7 Geschichten! Je länger der Abend wurde, je mehr Alkohol konsumiert wurde, desto interessanter wurden die Geschichten die wir teilten. Irgendwann gegen 4 Uhr Morgens habe ich dann beschlossen dass es für mich genug ist und bin dann wie ein Stein in mein Bett gefallen.
Ein Tag Pause
Am nächsten Tag habe ich mich mit schrecklichen Kopfschmerzen um 15 Uhr aus meinem Bett gerollt. Als ich mich nach einer erfrischenden Dusche und einem sehr ungesunden 7/11 Frühstück im Gemeinschaftsbereich des Hostels eingefunden hatte habe ich feststellen dürfen, dass ich doch einer der Ersten bin die es aus dem Bett geschafft haben. Das Lustigste an solchen Abenden sind dann die Geschichten am Tag danach. Einer meiner nächtlichen Mitstreiter ist inzwischen schon abgereist, die anderen hatten allerdings noch ein paar lustige Anekdoten von letzer Nacht auf Lager, die ich so nicht mitbekommen hatte.
An diesem ganzen Tag hat kaum einer aus dieser Gruppe etwas gemacht (soweit möglich). Gegen Abend hat allerdings ein Mädel, das hier im Hostel arbeitet, das magische Wort „Onsen“ in den Mund genommen womit alle auf einmal Feuer und Flamme waren. Gegen einen gemütlichen Abend im heißen Bad konnte nun wirklich niemand etwas haben.
Abschied von Miyajima
Der Tag meiner Abreise ist gekommen! Heute wird mein Japanese Railway Pass auslaufen und ich sollte (in Hinsicht auf mein Budget) in die Nähe meines Abflugorts aus Japan fahren. D.h. heute muss ich noch in die Nähe von Osaka kommen. Nachdem Kyoto sehr nahe an Osaka dran ist habe ich mir für diese Nacht ein Bett in einem Hostel in Kyoto gebucht damit ich die Stadt auch noch für eine Nacht (und Tag) erkunden kann.
Da ich mich allerdings mit allen Angestellten hier im Hostel sehr gut verstanden habe und viele neue Freunde gefunden habe, wollte ich mich von allen auch noch verabschieden. Leider war die Schicht von einer Angestellten erst ab 17 Uhr, sodass ich beschlossen habe sehr spät erst abzureisen. Zeit genug um nochmal auf die Insel während Ebbe zu fahren um selbst nochmal DURCH das Tor in der Bucht zu schreiten.
Als ich von der Insel wieder zurück gekommen bin waren endlich alle da und ich konnte mich verabschieden. Es ist mir durchaus schwer gefallen, da ich dieses Hostel von der Atmosphäre mit dem Hostel in Washington D.C. vergleichen würde. Die Mädels haben mit mir noch ein paar nette Abschiedsfotos gemacht bevor ich mich dann auf nach Kyoto gemacht habe.
Meine Reise in Japan ist nun fast beendet. Ich werde nun eine Nacht in Kyoto verbringen und anschließend zu meiner Freundin Emiko nach Osaka fahren um von dort aus nach Taiwan zu fliegen. Über die letzten Tage in Japan werde ich dann schließlich in meinem nächsten Beitrag berichten.
Endlich mal wieder ein Beitrag. ? habe mir ja fast schon Sorgen gemacht.
Ich finde es wunderbar dass du deine Reise mit uns allen teilst. Immer wieder sehr interessant und spannend deinen Bericht zu lesen. Auch ist es erstaunlich dass du immer wieder neue Leute kennen lernst, aber bei dir habe ich nichts anderes erwarten.
Ich hoffe du hattest eine gute Zeit in Japan und wirst noch weitere tolle Zeiten haben.
Lass es dir in Taiwan gut gehen und hoffentlich dauert ein nächster Beitrag nicht mehr so lange.
Ich denke ich spreche nicht nur für mich wenn ich sage dass ich auf den nächsten Beitrag sehnsüchtigst warte.
Liebe Grüße der verrückte.
Wow! D***** (ich verwende mal absichtlich nicht deinen echten Namen)!!! 😉
Ich wusste garnicht dass du hier auch mitliest! Ich freu mich aber wirklich riesig darüber!!!
Es hat jetzt so lange gedauert, weil ich in Taiwan ein anderes Leben für einige Zeit inne hatte (und noch habe). D.h. meine Prioritäten lagen dann eher beim Chinesisch Lernen und vor allem Freunde treffen.
Ich hoffe auch, dass jetzt die Beiträge wieder öfter kommen werden und werde von solchen Kommentaren immer wieder motiviert!
Natürlich weiß ich immer nicht wer meine Beträge liest, aber durch deinen Kommentar weiß ich dass ich einen Leser mehr habe.
Alles Liebe aus Taiwan! Ich denke der nächste Beitrag sollte (hoffentlich) am Wochenende fertig werden. 😀
Manu! Ja, ein neuer Bericht! 🙂 Sag mal, darf man die Rehe eigentlich anfassen oder sind die heilig oder so und man kommt in die Hölle wenn man sie berührt? Die sehen total niedlich aus. Freut mich, dass du in Taiwan eine so gute Zeit hast. Das ist dann auch ein guter Grund, nicht zum Schreiben zu kommen. 🙂
Flo! Jaaaa, endlich 😉
Die Rehe waren ganzschön dreist. Die meisten Touristen hatten tatsächlich Probleme mit denen, da die Rehe einfach versuchen so viel wie möglich zum Fressen zu finden, inklusive Stadtpläne die halb aus deiner Jackentasche schauen oder den Snack den du gerade versuchst selbst zu essen. Denen ist jedenfalls nichts heilig.
Einmal habe ich einen Mann gesehen, der gerade aus dem Supermarkt gekommen ist mit zwei riiiiiiesen großen Tüten mit Lebensmittel. Innerhalb von einer Minute hatte er 5 Rehe hinter sich her, wobei alle versucht haben irgendwie an den Inhalt der Tüten zu kommen.
Ja, mir geht es wirklich sehr gut hier in Taipei. Aber die Reiselust hat mich nach einem Monat Aufenthalt wieder erwischt und ich werde bald weiter ziehen. Dann kommen hoffentlich auch wieder mehr Reiseberichte 😉
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